Dehnbarkeit eines Stoffes ermitteln

Wann ist es wichtig die Dehnbarkeit eines Stoffes genauer zu kennen?

Im Allgemeinen gilt: Je legerer der Schnitt, um so unwichtiger ist die Dehnbarkeit für die Stoffwahl. Maximal der Stand und Fall des fertigen Kleidungsstücks kann dadurch beeinflusst werden.

Weite Schnitte:

Hier reicht es aus, sich an den Vorgaben des Schnittmusterdesigners zu orientieren. Leichte Abweichungen in Anlehnung an die Vorgabe haben durchaus ihren Reiz. So z.B. wenn der Designer einen Cord vorgibt, man aber lieber einen Bouclé nehmen möchte oder gar etwas langflooriges wie Kunstfell. Ein anderes Beispiel wäre ein Sweat den man selber lieber durch einen Strickjaquard ersetzt. Und so weiter.

Körpernahe Schnitte:

Hier ist es schon etwas wesentlicher sich engmaschiger an die Empfehlungen zu halten. Ob der Schnitt einen gewissen Elasthan Anteil benötigt oder eben nicht oder bis zu wieviel Prozent.

Womit wir schon bei einem weiteren wichtigen Thema wären.

Also an dieser Stelle ein kleiner Exkurs:

Sagt der Elasthan Anteil eines Stoffes etwas über seine Dehnbarkeit aus?

Ja, natürlich! Aber nicht jeder Stoff, egal ob Webware oder Maschenware mit 1%, 2%, 5%, 20% Elasthan ist deshalb gleich dehnbar, wie einer mit vergleichbar viel Elasthan. 

Und warum ist das so? Weil es auch auf die restlichen Inhaltsstoffe, die Bindung oder Maschenbildung, sowie auf die Verarbeitung ankommt. 

Figurbetonte Schnitte:

Hier ist es essenziell für die Passform einen Schnittmusters, dass der Stoff genau den Vorstellungen des Designers und der für die Konstruktion zugrunde liegenden Materialien übereinstimmt! Die einfache Angabe einer bestimmten Stoffart ist hier nicht ausreichend. Denn wie wir ja inzwischen wissen, ist Baumwolljersey nicht gleich Baumwolljersey (die es nebenbei auch noch z.B. mit 5% oder auch 8% Elasthan zu kaufen gibt). Denn es soll ja am Ende bestenfalls wirklich sitzen wie eine zweite Haut, nicht hier an mir herum schlabbern und dort unangenehm kneifen.

Kommen wir also zum Kern dieses Artikels:

Wie ermittle ich die Dehnbarkeit meines Stoffes?

Ich gebe bei meinen betroffenen Schnittmustern stets eine Dehnbarkeitstabelle in der Anleitung dazu. Diese ist von mir grafisch so aufgearbeitet, dass man weiß, wann ein Stoff im grünen Bereich liegt, im wahrsten Sinne.

Und mit dieser Methode möchte ich hier nun also auch starten:

  1. Drucke die Dehnbarkeitstabelle deiner Anleitung auf 100% aus. Obwohl dies tatsächlich nicht zwangsläufig notwendig ist, so ist es dennoch hilfreich. 
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2. Nimm dir nun deinen Stoff und falte entgegen des Fadenlaufs (bzw. der vom Hersteller angegeben Verarbeitungsrichtung nach, die Breite) einlagig etwa 5cm um.

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3. Halte mit deinem linken Daumen und Zeigefinger an einer Stelle des Umbruchs den Stoff fest und halte die Fingerspitzen an den Anfang der Skala.

4. Positioniere nun den rechten Daumen und Zeigefinger so auf der Skala, dass die Fingerspitzen bei 10cm beginnen. Der Zwischenraum zwischen den Fingerspitzen ist somit 10cm.

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5. Dehne nun den Stoff nach rechts aus. Achte darauf, dass deine linke Hand auf der Skala in Position bleibt. Der Stoff sollte sich nicht direkt an der Reißgrenze befinden, nur so, wie du ihn ohne riesigen Kraftaufwand ausdehnen kannst. Das Gefühl wird dir die Grenze weisen.

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6. Liegst du im grünen Bereich, ist der Stoff perfekt für dieses Projekt geeignet. 

Gelb=Liegst du zwischen 2 Konfektionsgrößen, könnte dir das bei der Wahl der Größe helfen.

Rot=Dieser Stoff ist absolut ungeeignet.

Methode 2:

  1. Nimm dir ein Maßband oder noch besser  ein mindestens 20cm langes Lineal zur Hand. Ideal sind auch Maßbänder die fest auf dem Tisch aufgeklebt sind. 

2. Nimm dir nun deinen Stoff und falte entgegen des Fadenlaufs (bzw. der vom Hersteller angegeben Verarbeitungsrichtung nach, die Breite) einlagig etwa 5cm um.

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3. Halte mit deinem linken Daumen und Zeigefinger an einer Stelle des Umbruchs den Stoff fest und halte die Fingerspitzen an den Anfang deines Maßes.

4. Positioniere nun den rechten Daumen und Zeigefinger so auf dem Maß, dass die Fingerspitzen bei 10cm beginnen. Der Zwischenraum zwischen den Fingerspitzen ist somit 10cm.

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5. Dehne nun den Stoff nach rechts aus. Achte darauf, dass deine linke Hand auf dem Maß in Position bleibt. Der Stoff sollte sich nicht direkt an der Reißgrenze befinden, nur so, wie du ihn ohne riesigen Kraftaufwand ausdehnen kannst. Das Gefühl wird dir die Grenze weisen.

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6. Nun ermittelst du mithilfe deines Ergebnisses die Dehnbarkeit in Prozent. Daher ist unser Ausgangspunkt bei 10cm Zwischenraum, so lässt es sich sehr bequem rechnen.  Bsp.: Dein Stoff dehnt sich bis zu einem Maß von 13,5cm, ziehe die ersten 10cm ab, erhalte somit 3,5cm = das entspricht einer Dehnbarkeit von 35%.

Übrigens, falls du den Unterschied zwischen Dehnbarkeit und Elastizität noch nicht ganz verstanden hast, ich schreibe gerade an einem entsprechenden Artikel für dich.

Und nun viel Spaß beim Testen deines Stoffvorrats 😉

Aufgrund der Nachfrage nach der Dehnabrkeitstabelle, habe ich eine universelle mit einer Beispieldehnbarkeit hinter diesem Link hinterlegt. Lade sie dir gerne herunter!

Datum: 18.10.24

3 Responses

  1. Guten Morgen, ich habe gerade deinen Artikel gefunden und finde ihn sehr hilfreich. Ich würde mir gerne die Dehnbarkeitstabelle ausdrucken finde sie aber leider in deinem Beitrag nicht. Kannst du mir vielleicht helfen? Vielen lieben Dank Elisabeth Kleffler

    1. Hallo Elisabeth, ich freue mich, dass ich dir mit meinem Beitrag helfen konnte. Bei der erwähnten Dehnbarkeitstabelle geht es um die in einigen Schnittmustern enthaltene Tabelle in der Anleitung, die zu eben diesem Schnittmuster und dem prozentualen Dehnungsgrad entworfen wurde. Ich könnte dir aber gerne eine zur Verfügung stellen, die dann keine grün, gelb und rot gefärbten Bereiche enthält und somit universal einsetzbar wäre. Wäre dir damit geholfen? Liebe Grüße, Sabine

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